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Trinitarisches Mitsein








        Vollkommene Liebe braucht den       vom anderen - um schließlich auf
        Dritten! Das  ist  die  provokative   diese Weise selber vom einen dem
        These des katholischen Religions-   anderen zugeführt zu werden: der-
        philosophen und Anthropologen       art jeder, ..., als >Freund des Bräu-
        Jörg Splett, in Anlehnung an Ri-    tigams< - und zugleich ebenso zu
        chard von St. Viktor (12. Jh.)      der  eigenen  Hochzeit...  Im  Spiel
                                            dieser Mit-Liebe ist keiner Mit-
                                            tel, jeder Ziel, doch jeder zugleich
        Richard:                            Mittler.“ (68f)
        „ Wenn einer einem anderen Liebe
        schenkt, wenn ein Einsamer einen    Siehe dazu auch:
        Einsamen liebt, dann ist zwar Lie-
        be vorhanden, aber die Mitliebe
        fehlt. Wenn zwei sich gegenseitig
        gern haben, einander ihr Herz in
        hohem Sehnen schenken und der
        Liebesstrom von diesem zu jenem,
        von jenem zu diesem fließt und ge-
        genläufig je auf Verschiedenes zielt,
        dann ist zwar auf beiden Seiten
        Liebe da, aber die Mitliebe fehlt.
        Von Mitliebe kann erst dann ge-
        sprochen werden, wo von zweien
        ein dritter einträchtig geliebt, in
        Gemeinsamkeit liebend umfangen
        wird und die Neigung der beiden
        in der Flamme der Liebe zum
        Dritten ununterschieden zusam-
        menschlägt.“ (67)

        Jörg Splett , der Gott als den Drit-
        ten bestimmt, führt weiter:
        „Worum es geht, ist vielmehr, dass
        ein jeder mit dem anderen dem
        Dritten gut ist, jeder sich sein Du
        von ihm zuführen läßt und glei-
        chermaßen ihn als sein Du sich



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