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Zentrale Begriffe der Kommunikation:
In interkulturellen Begegnungen Interessen eines Individuums über chen das Verständnis erschweren,
spielt nicht nur das Beherrschen denen der Gruppe stehen. sondern dass kulturelle Prägungen
einer gemeinsamen Sprache eine Und dann gibt es die vielen klei- zum Wirken kommen.
Rolle. Um den anderen zu ver- nen und größeren Unterschiede: Diese „stressigen“ Unterschiede
stehen, muss ich damit rechnen, gilt es nicht nur zu akzeptieren,
dass er aufgrund seines kulturellen Im Umgang mit der Zeiteintei- sondern auch wertzuschätzen.
Hintergrundes der gleichen Situa- lung: Ist langfristige Planung üb- Bei Irritationen müssen wir uns
tion eine ganz andere Bedeutung lich, wird die Zeit kurzfristig und mit Bewertungen oder gar Verur-
geben kann als ich das aufgrund flexibel geplant? Wie genau sind teilungen zurückhalten und im-
meiner kulturellen Prägung ganz Abmachungen zu verstehen? mer wieder auf Metakommunika-
selbstverständlich erwarte. Selbst- tion zurückgreifen.
hinterfragende Sensibilität lohnt Im Gespräch miteinander: Was Und wenn wir häufiger im inter-
sich, was sich gehört, wie man auf ist „normal“ in Bezug auf Tonfall, kulturellen Kontext zu tun ha-
Fragen antwortet, wie man mit Sprechlautstärke, die Bedeutung ben, sollten wir eine Fortbildung
Problemen umgeht, was höflich nonverbaler Zeichen? Und wieviel zu diesem Thema nicht scheuen!
oder wertschätzend ist… Abstand zum Gesprächspartner Auch wenn wir danach immer
gilt es zu wahren? noch nicht auf alles vorbereitet
Man unterscheidet beispielswei- sein werden, können wir eine erste
se zwischen Kulturen mit hoher In der Bedeutung bestimmter Zei- Kompetenz erwerben und damit
Machtdistanz (Entscheidungspro- chen: In Mitteleuropa und Nord- offen und gleichzeitig sensibel in
zesse von „oben nach unten“ werden amerika bedeutet Kopfnicken neue Begegnungen gehen.
nicht hinterfragt, z.B. Südostasien, Zustimmung und Kopfschütteln
Mittel- und Südamerika, Russ- “nein”. In Griechenland, Bulga-
land…) und Kulturen mit nied- rien oder der Türkei ist es genau Kulturelle Unterschiede führen
riger Machtdistanz (partizipative gegenteilig. nicht nur wegen der unterschied-
Entscheidungsprozesse, westliche … lichen Sprachen immer wieder zu
Länder wie Schweiz, Schweden, Die Liste ließe sich noch lange Missverständnissen.
Niederlande…). Oder zwischen fortsetzen. Hier kann man sich einige Beispie-
Individualismus und Kollektivis- le anhören:
mus, dem Ausmaß, inwiefern die Was gilt es zu lernen?
Interessen eines Individuums de- Wir müssen uns immer wieder
nen der Gruppe, z.B. der Familie, darüber klar werden, dass nicht
untergeordnet sind oder ob die nur die unterschiedlichen Spra-
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